2 Strassenverkehrsrecht
Bevor jetzt das Totschlagargument kommt, Gesetze zur Kommunikation würden die freie Meinungsäußerung bedrohen, schauen wir doch erst mal, wie wir das im Straßenverkehr hinbekommen haben. Was man im Strassenverkehr tun darf und lassen muss, sieht auf den ersten Blick ja auch unglaublich schwierig zu formalisieren und zu realisieren aus. So schwierig, dass die KI Apologeten das mit dem autonomen Fahren nicht hinbekommen. Wo darf ich / muss ich mich wie schnell fortbewegen, ist ja extrem kontextabhängig, alle diese Kontexte sind in unsere Regulierung und Gesetzgebung einbezogen.
2.1 Strassen
Unsere Gesetze unterscheiden viele verschiedene Wegetypen: Fußwege, Radwege, Straßen, Landstrassen, Schnellstraßen, Autobahnen, mit unterschiedlichen Richt- und Höchstgeschwindigkeiten. Strassen und Schienen werden nach strengen Standards gebaut und gewartet. Je nach Situation vor Ort und Wetter sind unterschiedliche Geschwindigkeiten erlaubt, unterschiedliche Beschilderungen und Ampelanlagen zu beachten.
Ja wir unterscheiden zwischen Print, Radio, Fernsehen und Internet. Aber Qualitätsregularien für verschiedene Formate wie Talkshows gibt es nicht. Eine gesetzliche Klassifikation von sozialen Netzwerken gibt es nicht. Verlässliche Qualitätsgarantien in sozialen Netzwerken gibt es nicht. Geschweige denn dass wir den Kommunikationsverkehr je nach Auslastung und Themenwetter regeln, z.B. vor einer Wahl, nach einem Anschlag, o.ä.
2.2 Fahrzeuge
Nicht auf jedem Wegetyp darf man mit jeder Art Fahrzeug fahren. Wir unterscheiden Schuhe, Tretroller, e-Roller, Fahhräder, e-bikes, Mofas, Mopeds, Kleinkrafträder, Motorräder, PKWs, Lieferwagen, Lastwagen, Sattelschlepper, usw. Diese Fahrzeuge unterliegen unterschiedlicher Regulierung, je gefährlicher desto mehr. Vorgeschrieben sind Bremsen und Beleuchtung an Fahrrädern, Gurte, Airbags, ABS, Crashtests an PKWs. PKWs müssen Dauerbremsen und eine Feststellbremsanlage haben. Für LKWs und Anhänger gelten komplexere Vorschriften für deren Bremsanlagen.
Es gibt keinerlei gesetzliche Vorschriften zur Sicherheit von Endverbrauchergeräten und zur Kommunikation im Internet. Man könnte soziale Netzwerke verpflichten, in ihren Editoren Echtzeitprüfung von inhaltlicher Richtigkeit und Emotionalität einzubauen. Der Nutzer könnte gewarnt werden, dass sein Tweet inhaltlich verdächtig, repetetiv oder aggressiv ist, dass er dabei ist, Teil eines Online-Mobs zu werden.
2.3 Hersteller
Hersteller müssen nicht nur Regeln für die einzelnen Fahrzeugtypen befolgen, sondern auch Emissionsgrenzen für die gesammte Flotte. Das gilt ausnahmslos auch für ausländische Hersteller, die in Deutschland tätig werden wollen.
Anbieter von sozialen Netzwerken sind oft Oligopolisten und unterliegen fast keiner Regulierung. Während die Anbieter sozialer Netzwerke sich gerne darauf berufen, nicht für Inhalte redaktionell verantwortlich zu sein, unterliegen sie keinen Neutralitätspflichen, können bestimmte Akteure und Inhalte pushen, andere zensieren. Soziale Netzwerke sollten gesetzlich zu Neutralität und Fairness verpflichtet sein.
2.4 Versicherungen
Fahrzeuge müssen versichert sein. Ohne Haftpflichtversicherungen, welche andere Verkehrsteilnehmer absichern, darf kein KFZ zugelassen werden. Zusätzlich gibt es einen ganzen Strauß von Zusatzversicherungen: Unfall, Teilkasko, Vollkasko. Die Kosten für diese Versicherungen hängen von Eigenschaften des Fahrzeugs und des Fahrers ab. Zum Beispiel darf man ein normales e-Bike ohne Versicherung fahren, ein schnelleres Pedelec aber muss versichert werden.
eine Pflichtversicherung für Schäden durch das Führen eines Kontos in sozialen Netzwerken gibt es nicht. Eine solche könnte man aber von Konten verlangen, welche eine hohe Aktivität oder große Reichweite haben.
2.5 Verkehrspsychologie
Nach der Reduktion von von Unfallfolgen durch technische Maßnahmen wie Bremsen, Knautschzonen, Gurtpflicht, ABS und Airbags optimiert die pychologische Unfallforschung die Verhütung von Unfällen auf den Strassen.
Die Nutzerfreundlichkeit und Standardisierung von Bedienelementen, die Verständlichkeit der Beschilderung, der Schutz vor Überlastung der Aufmerksamkeit durch zuviele Schilder, der Schutz vor Blendung, die Gestaltung und Lichtführung von Vorfahrtsstraßen sowie Feedback über Fehlverhalten und dessen Bestrafung wird nach Erkenntnissen der Verkehrspsychologie gestaltet.
In der IT wird zwar mit psychologischen Methoden an User eXperience (UX) geforscht, im Vordergrund bei sozialen Netzwerken stehen aber kommerzielle Aspekte und “dark patterns” die zu Hass, Hetze und Sucht führen. Die Verantwortung für die Kommunikationsführung den Netzwerkbetreibern zu überlassen, führt zu einem massiven Interessenkonflikt, den die international mächtigen Betreiber in ihrem Sinne entscheiden. Hier bedarf es einer von den sozialen Netzwerken über Abgaben finanzierten unabhängigen staatlichen Institution, welche die Kommunikationsführung erforscht und dem Allgemeinwohl dienende Standards verpflichtend macht.
2.6 Zulassungsbehörden
Die Einhaltung der Regulierung wird von den Zulassungsbehörden kontrolliert. Ohne Zulassung darf ein neues Fahrzeugmodell nicht zugelassen werden. Ein zugelassener Fahrzeugtyp darf nicht relevant verändert werden.
Einen Zulassungsprozess für Soziale Netzwerke, Webseiten, Blogs oder sonstige Kommunikationsdienste gibt es nicht (jenseits von Telekommunikationsanbietern, für welche die Bundesnetzagentur zuständig ist). Änderungen an bestehenden populären Plattformen oder neue Features in sozialen Netzwerken sollten einer Zulassungspflicht unterliegen, um negative Technologiefolgen wie Datenschutzverletzungen oder boosten von Hass und Hetze zu vermeiden.
2.7 Nummernschilder
Die meisten Fahrzeugtypen dürfen nicht anonym geführt werden, sondern jedes Fahrzeug erhält ein Pseudonym, “Nummernschild” genannt. Dies erlaubt zwar nicht die Identifikation des Fahrers, aber zumindest des Halters des Fahrzeugs. In bestimmten kritischen Situationen ist auch ein Pseudonym nicht ausreichend, sondern der Fahrer muss nach einem Unfall in Person am Fahrzeug bleiben, ansonsten begeht er Fahrerflucht, was einen eigenen schweren Straftatbestand darstellt.
Zur Zeit darf Hass und Hetze völlig anonym im Netz verbreitet werden, eine zentrale Pseudonymisierungsstelle und Kennzeichenpflicht gibt es nicht. Die Nutzung anonymer Konten in sozialen Netzwerken hat eine gewisse Berechtigung, aber muss an die Einhaltung bestimmter Regeln gekoppelt werden. Zum Beispiel muss es möglich sein, sich als Leser sicher zu sein, dass der Autor bestimmte behauptete Qualifikationen hat. Nicht einfach, dass der Autor für einen blauen Haken bezahlt hat.
2.8 Führerschein
Ohne einen Erlaubnisschein darf man in Deutschland fast nichts tun, nicht mal einen Fisch aus dem Wasser ziehen. Ein Kraftfahrzeug zu führen setzt einen Führerschein voraus. Um diesen zu erlangen muss man eine Ausbildung bezahlen, durchlaufen und eine theoretische und praktische Prüfung bestehen. Wer für das Führen eines Fahrzeugs auf Hilfsmittel, z.B. eine Brille angewiesen ist, bekommt diese Einschränkung in den Führerschein geschrieben.
Wer diese Einschränkungen oder Verkehrsregeln missachtet, kann den Führerschein temporär oder dauerhaft verlieren. Um ihn wiederzuerlangen muss er beim Psychologen vorstellig werden (Medizinisch-Psychologische Untersuchung, im Volksmund “Idiotentest”) und diesen davon überzeugen, für das Führen eines Fahrzeuges geeignet zu sein.
Das Veröffentlichen von Informationen im Internet erfordert zur Zeit keinerlei Qualifikation, geschweige erfordert einen Befähigungsnachweis. Von Konten mit semi-professioneller Aktivität oder mittlerer Reichweite sollte man ein Mindesmaß an journalistischer Ausbildung und Integrität fordern dürfen, etwa die Trennung von Bericht und Meinung, und das Zitieren von Quellen.
2.9 Berufsfahrer
An Fahrberufe werden besondere Anforderungen gestellt. Das Führen von LKW erfordert einen besonderen Führerschein, je nach Größe des Fahrzeugs. Der Transport von Gefahrgut erfordert einen besonderen Führerschein.Der Transport von Personen erfordert einen besonderen Führerschein, für viele Personen (Bus) einen anderen als für wenige Personen (Taxi).
Für Berufskraftfahrer gelten erhöhte gesetzliche Anforderungen an die Kraftfahreignung, die diese im Interesse der Verkehrssicherheit regelmäßig mittels verkehrsmedizinischer und unter Umständen auch leistungspsychologischer Untersuchungen überprüfen lassen müssen.
An Freizeitjournalisten, hauptberufliche Blogger, Influenzer und oder gar Militär-Blogger werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Für Personen mit professioneller Aktivität oder hoher Reichweite oder Sicherheitsrelevanten Themen sollten besondere Sorgfaltspflichten gelten. Für wiederholte oder besonders bösartige Desinformation sollte es Kontosperrungen, Deanonymisierung gegenüber der Staatsanwaltschaft und besondere Straftatbestände geben.
2.10 Geisterfahrer
Fährt jemand auf der Autobahn in die falsche Richtung, werden massive Massnahmen eingeleitet: vor dem Falschfahrer wird im Radio gewarnt, die Polizei versucht ihn schnellstmöglich aus dem Verkehr zu ziehen. Der Gesetzgeber greift bei Geisterfahrern hart durch: Nach§ 315c StGB droht Falschfahrern eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, wenn der Autofahrer bei seiner Falschfahrt auf der Autobahn grob verkehrswidrig und rücksichtslos handelt und es zudem zu einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben kommt oder aber Sachen von bedeutendem Wert beschädigt werden.
Professionelle Desinformanten, vor allen in Multiplikatorenrollen wie Professuren oder als Experten im ÖRR, aber auch Arbeiter in feindlichen Trollfabriken oder programmierte Bots stellen eine massive Gefährdung unserer Kommunikationswege dar. Sie müssen durch gezielte Analysen in den sozialen Netzwerken zeitnah identifiziert werden, um die entsprechenden Konten zu schließen und die verantwortlichen Personen hart zu bestrafen.
2.11 TÜV
Der Technischer Überwachungsverein (TÜV) prüft die einzelne Fahrzeuge im Laufe ihres “Lebens” regelmäßig auf technische Funktionalität und auf Einhaltung der Abgasvorschriften. Andernfalls gibt es keine Verlängerung für eine abgelaufene TÜV-Plakette. Ohne TÜV-Plakette darf ein Fahrzeug nicht geführt, ja nicht einmal auf öffentlichen Strassen geparkt werden.
Weder Software noch Geräte werden technisch überwacht. Soziale Netzwerke sollten gezwungen sein, ihre Algorithmen und ihren Source-Code offenzulegen, damit der faire neutrale Betrieb des Sozialen Netzwerks überwacht werden kann.
2.12 Verkehrsüberwachung
Strassen und Schienen werden nach strengen Standards gebaut. Diese müssen regelmäßig überwacht und repariert werden. Schnelles Fahren in Deutschland ist nur deshalb möglich, weil man sich auf den Straßenzustand verlassen kann: ein unerwartetes Schlagloch oder eine nicht angezeigt enge Kurve kann tödliche Folgen haben.
Auch der Verkehr auf den Straßen wird überwacht, mit Verkehrskameras, Geschwindigkeitskontrollen mittels Radar, ja sogar mit Hubschraubern über Ferienverkehr auf Autobahnen.
Eine vergleichbare Überwachung der Sicherheit in sozialen Netzwerken findet nicht statt. Der EU Digital Services Act (DSA) überlässt die Kontrolle weitgehend den Netzwerkbetreibern, welche diese systematisch vernachlässigen, aus wirtschaftlichen Gründen und aus politischen Gründen (X, Tiktok).
2.13 Ökosystem
Den Deutschen sind Autos wichtig … also investieren sie Zeit, Kreativität und Geld. Um den Straßenverkehr herum ist ein ganzes Ökosystem von Dienstleistern und Herstellern entstanden, die erheblich - je nach Sichtweise - zur Wertschöpfung bzw. den Kosten des Straßenverkehrs beitragen: Notärzte, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Abschleppdienste, Pannenhilfe, Fahrschulen, spezialisierte Anwälte und Zubehörlieferanten.
Wäre den Deutschen die Wahrheit und die Qualität der gesellschaftlichen Diskurses viel wert, gäbe es ein heute ein ähnlich ausgereiftes Ökosystem zur Förderung von Wahrheit, Meinugsaustausch … und zur Sanktionierung von Aktionen und Akteuren die das behindern.
2.14 ADAC
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club e. V. (ADAC), ist der größte Verkehrsclub Europas mit Sitz in München. Er ist mit 21.8 Millionen Mitgliedern (2024) die wohl größte Interessenvertretung und Lobbyorganisation in Deutschland und bietet Dienstleistungen für Autofahrer wie Pannenhilfe und Versicherungen.
Der ADAC genoss 2005 bei den Bundesbürgern zum dritten Mal in Folge das größte Vertrauen unter den deutschen Institutionen. Dies war das Ergebnis der damals veröffentlichten Untersuchung Perspektive Deutschland, die in dem Jahr zum vierten Mal durchgeführt wurde und an der sich über 500 000 Online-Nutzer beteiligt hatten. Danach vertrauen 62 Prozent der Befragten dem Automobilclub.
2.15 VGT
Der Deutsche VerkehrsGerichtsTag VGT ist eine seit 1963 jährlich stattfindende Konferenz für Straßenverkehrsrecht. Sie hat bundesweit Relevanz, da ihre Empfehlungen häufig in der Politik bei der Ausgestaltung von Gesetzen und Vorschriften berücksichtigt werden.
Die Tagung befasst sich interdisziplinär mit allen Bereichen der Verkehrswissenschaft, wobei der Schwerpunkt bei der Rechtsprechung in Verkehrssachen liegt. Teilnehmer sind Juristen und Experten für Verkehrsrecht, Verkehrssicherheit, Fahrzeugtechnik und Verkehrstechnik aus Forschung, Lehre und Praxis. Neben einigen Plenarveranstaltungen werden zahlreiche thematische Arbeitskreise gebildet, die ihre Ergebnisse als Empfehlungen veröffentlichen.
2.16 Straftaten
Die Gefährdung des Verkehrs ist strafbewehrt und zeigt eine deutliche Ausdifferenzierung wo es um den Straßenverkehr geht: Gefährdung des Bahn-, Schiffs- und Luftverkehrs (§ 315a), Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§ 315b), Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), Verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d), Einziehung von Fahrzeugen (§ 315f), Trunkenheit im Verkehr (§ 316).
Entsprechend sollten gefährliche Eingriffe in die öffentliche Kommunikationsinfrastruktur strafbewehrt sein, z.B. das Unterdrücken wahrer oder das Verstärken falscher Informationen in sozialen Netzwerken, sei es durch den Plattformbetreiber oder durch einen Angreifer von außen.
2.17 Verkehrsdelikte
Deutschland hat ein ausdifferenziertes System von Verkehrsregeln, was erlaubt und verboten ist. Betrachten wir das Beispiel Parken: wo darf man wann wie lange mit dem Auto anhalten? Auf bestimmten Flächen ist Parken erlaubt, manchmal begrent zu bestimmten Uhrzeiten, machmal begrenzt für eine bestimmte Maximaldauer, welche mit einer den Beginn der Parkzeit vermerkenden Parkscheibe kontrolliert wird. Im “eingeschränkten Halteverbot” ist kein Parken erlaubt, nur Halten bis maximal 3 Minuten. Im “absoluten Halteverbot” ist Halten grundsätzlich verboten. Die Definition des Haltens erlaubt aber das Stehen des Fahrzeuges, wenn es die Verkehrslage oder eine Anordung erfordert. Kompliziert? Wir alle leben damit gut.
Genauso läßt sich ausdifferenzieren unter welchen Umständen welche Lügen toleriert werden können, wie schwer die Lügen wiegen und wie hoch ein Bußgeld oder eine Strafe ausfallen sollte.
2.18 Ordnungswidrigkeiten
Millionen von deutschen Autofahren begehen Millionen von Verkehrsverstößen. Wie ahndet man diese rechtsstaatalich, ohne die Gerichte zu überfordern? Das Reichsstrafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 unterscheidet zwischen ‘Verbrechen’, ‘Vergehen’ und ‘Übertretungen’, und hat mit letzterem eine Kategorie des Strafrechts geschaffen, welche für rechtswidrige und schuldhafte Verhaltensweisen deren Unrechtsgehalt gering war, die Möglichkeit einer vereinfachten prozessualer Behandlung durch die vorgerichtliche Ahndung durch Verwaltungsbehörden vorsah.
1949 bündelte der Gesetzgeber durch den Erlass des ersten Wirtschaftsstrafgesetzes einige verbliebene Tatbestände des Wirtschaftsstrafrechts auf und reduzierte durch die Umwandlung einiger Straftaten in Ordnungswidrigkeiten den Einfluss der Verwaltungsbehörden, in deren Händen bislang vielfach die Steuerung der Wirtschaft durch Ordnungsstrafgewalt lag. Es führte die Geldbuße als neue Art der Verwaltungsstrafe ein.
Das 1952 in Kraft getretene Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) übernahm diese Verwaltungsstrafe. Ordnungswidrigkeiten sind demnach alle mit Geldbuße bedrohten Handlungen.
Das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG) vom 24. Mai 1968 wandelte insbesondere die praktisch besonders bedeutsamen Übertretungstatbestände des Straßenverkehrsrechts in Bußgeldtatbestände um.
Bei manchen Verstößen gegen die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) kann neben der Geldbuße (Synonym: Bußgeld) auch ein Fahrverbot von maximal drei Monaten verhängt werden.
Ähnlich wie im Straßenverkehr könnte man in der veröffentlichenden Kommunikation, z.B. in sozialen Netzwerken, für häufige Vergehen wie das Verbreiten von widerlegten Propagandalügen einen Bußgeldkatalog definieren, und darüber hinaus temporäre Veröffenlichungsverbote aussprechen (z.B. Kontosperrungen, Talk-Show-Verbote). Mit § 118 Belästigung der Allgemeinheit besteht eine Grundlage im Ordnungswidrigkeiten-Gesetz (OWiG). Durch ein solches skalierbares Verwaltungsverfahren könnte man die aktuelle Flut an Desinformation, Hass und Hetze eindämmen, ohne die freie Meinungsäußerung zu gefährden, denn wie bei anderen Ordnungswidrigkeiten bliebe der Rechtsweg offen.
2.19 Verkehrspolizei
Die Einhaltung der Zulassung, TÜV, Führerschein und vor allem des Verkehrsverhaltens wird von der Polizei überwacht, gegebenfalls mit Bußgeld belegt oder zur Anzeige gebracht. In schweren Fällen werden Fahrzeuge abgeschleppt oder gar ganz aus dem Verkehr gezogen, Führerscheine eingezogen, Fahrer in Ausnüchterungszellen verbracht. Manche dieser Verkehrsüberwachungsmaßnahmen sind so stark formalisiert, dass keine volle Polizeiausbildung dafür nötig ist (vormals “Politesse” bzw. jetzt Hilfspolizist:in).
Eine vergleichbare personell ausgestattete Organisation mit entsprechenden Berufsbildern, welche für die Sicherheit auf den Kommunikationswegen sorgt, gibt es leider nicht: dies ist schlicht eine Frage der Prioritäten.
2.20 Scoring
Deutschland betreibt in Flensburg seit 1958 - lange vor einem Scoringsystem in China - ein Verkehrszentralregister (VZR), in welchem für schwere Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung für jeden Fahrer ein Punktekonto geführt wird. 2014 wurde es in Fahreignungsregister (FAER) umbenannt. Bei einem hohen Punktwert drohen Ermahnung, Verwarnung und Entziehung der Fahrerlaubnis.
Die moderne Statistik und IT hat Scoring-Verfahren leistungsfähiger und ökonomischer gemacht. Das klassische Beispiel ist der 1955 ins Leben gerufene Science Citation Index (SCI), und Google’s Page Rank (1997 patentiert).
Scoring ist die Methode, um technisch Wissen zur Zuverlässigkeit von Quellen und Konten zu sammeln und zu konsolidieren. In sozialen Netzwerken sollte Transparenz darüber herrschen, welche Konten wie zuverlässig Fakten berichten, wie sehr sie Hetzen und Hass verbreiten, wie oft sie gerügt worden sind. Scores sind die Grundlage dafür, Bußen zu verhängen, anonyme Konten temporär zu sperren oder dauerhaft zu schließen, Übertretungen und Identitäten automatisch an Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.
2.21 Zwischenfazit 2
Wir regulieren Strassen, Fahrzeuge und Hersteller. Wir beachten Verkehrspsychologie, unsere Zulassungsbehörden erzwingen Versicherungen, Nummernschilder, Führerschein, besonders für Berufsfahrer. Wir warnen und bestrafen Geisterfahrer. Der TÜV überwacht den technischen Zustand jedes Fahrzeugs, die Verkehrsüberwachung überwacht Strassen und Verkehr, und rund ums Auto ist ein ganzes Ökosystem von wertschöpfenden Produkten und Dienstleistungen entstanden. Deutsche stecken Geld und Vertrauen in den ADAC, der VGT entwickelt laufend rechtliche Empfehlungen weiter, Straftaten werden verfolgt und bestraft, massenhafte Ordnungswidrigkeiten werden weitgehend automatisiert sanktioniert, die möglichen Verkehrsdelikte sind fein differenziert, die Regeln werden in den Fahrschulen gelehrt und von spezialisierter Verkehrspolizei überwacht. Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung werden in einem Scoring zusammengefasst und darauf basierend Sanktionen verhängt.
All diese Maßnahmen und Institutionen haben - potenziell - Äquivalente auf unseren Kommunikationswegen.